Ein Ploimer in der Stadt

Der gebackene Furz

In Pflaumheim an der Ecke zur Schulgasse hat das alte Bauerngeschlecht der Familie Stegmann ihren Stammsitz. Vorher hatten die Stegmanns „Im Eck“ hinter der Bäckerei Kämmerer ihr Zuhause. Des  halb hat sich im Ort für die Nachkommen der Stegmanns der Haus- und Sippenname „Eckebauer“ eingebürgert.

Der Senior Gabriel Stegmann, ein Ploimer Original vom Jahrgang 1898, war im Ort überall als „Eckebauers Gaweräl“ bekannt und hatte zeitlebens den Schalk im Nacken sitzen. Noch in seinen alten Tagen als Aussiedler draußen im Weintal hat er sich seinen trockenen Humor bewahren können.

Von Ihm erzählt man sich in Ploume heute noch gerne folgende Anekdote:

Anfangs der 50er Jahre ist der Gaweräl mit dem Postbus in die Stadt gefahren. Am Freihof stieg er aus und marschierte schnurstracks in Richtung Herschelgasse. Vorne an der Ecke machte er einen Linksschwenk und kehrte erste einmal beim von ihm so geliebten Gasthaus „Zum Woschtbennel“ ein. Wie es sich für einen gestandenen Landmann gehörte, setzte er sich an den Biertisch gleich neben der Theke und bestellte sich ein frisches Helles. Genüsslich steckte er sich dann einen schon halb abgerauchten Zigarrenstumpen ins Gesicht.

Nachdem er beim Zahlen noch kurz mit der Kellnerin geschäkert hatte, trottete er gut gelaunt die Herschelgasse hoch. Beim „Immerschütt“ blieb er vor dem Schaufenster stehen und studierte die Sonderangebote an Sämereien.  Der „Eckebauer“ plant neuerdings ein kleines Experiment und will auf einem Ackerstück Kohlrabi ansähen. Heute ist aber nur der Mangold im Sonder-Angebot und der Gaweräl isst doch für sein Leben gern das „Käihlstielgemies“ aus Mangold, so wie es ihm seine bessere Ehehälfte „Brischida“ manchmal auf den Mittagstisch stellt.

Was soll er da jetzt als alter Genieser machen? Soll er umdisponieren und morgen Mangold statt Kohlrabi aussähen? Eigentlich hatte der Gaweräl den ganzen Vormittag Zeit für sich eingeplant und wollte dabei noch so ganz nebenher das süße Stadtleben genießen.

Wie er sich so vor den Sämerei-Auslagen präsentiert und noch am Überlegen ist, zieht er kaum bemerkbar die rechte Hüfthälfte etwas hoch – und lässt krachend einen fahren!

Eine vorüber eilende Dame mit hohen Stöckelabsätzen zuckt hinter ihm zusammen, rümpft ihr empfindliches Näschen und ruft empört:

„Ach wie roh!“

Der alte „Schoude Gaweräl“ dreht sich genüsslich um und ruft der eleganten Dame hinterher:

 „Äwwer liebes Frolleinsche – währe er ihnen denn gebacke lieber gewäse?!“ 

Die vornehme Dame schüttelt nur ungläubig ihr luftig geföhntes Köpfchen und verschwindet weiter oben leicht frustriert hinter der Eingangstüre vom Kaufhaus Winkelmann.

   Aus dem Buch "Ploimer Mundart- und Dorfgeschichten" von Suitbert Kroth, Bearbeitet von Herbert Rachor

 

Grenzstreit zwischen Pflaumheim und dem Cent Ostheim

Die Mogelei im „Landsuhles“

Nach dem 30-jährigen Kriege lagen die Felder verwüstet, ganze Dörfer wie Ringheim waren ausgestorben und die Gemarkungsgrenzen waren überwachsen. Als nach einigen Jahrzehnten sich die Bevölkerung wieder auffüllte, kannte man die Grenzen nicht mehr. Man suchte nach alten Grenzsteinen und viele Nachbargemeinden gerieten in Streit.

So geschehen auch im Streit um das Waldstück im Land Orlis (Land Suhles) zwischen der Gemeinde Pflaumheim und dem Cent Ostheim. In der Zeit um 1700 war der Wald im Land Orlis jedenfalls in Pflaumheimer Besitz. Im Jahre 1737 beanspruchte plötzlich der Cent Ostheim das Land Orlis für sich. Es entbrannte über viele Jahre ein Streit, bis dann die bedrängte Gemeinde Pflaumheim das höchste Gericht im Kurfürstentum Mainz um Hilfe anrief. Der Prozess war sehr langwierig und durchlief alle Instanzen. Eine im Jahre 1791 vorgenommene Steinhebung durch unparteiische Vierrichter ergab, dass das Land Orlis schon um 1615 zu Pflaumheim gekommen sein muss und Pflaumheim bekam das Besitzrecht zugesprochen.

Noch heute erzählt man sich eine gut erfundene Geschichte wie sich der Grenzstreit im Wald zu getragen haben soll: 

Um den Streitfall zu klären, hatte das hohe Gericht wieder einmal eine Verhandlung vor Ort anberaumt und dazu wurde auch ein Pflaumheimer Feldgeschworener (Vierrichter) geladen. Er sollte vor Gericht unter Eid aussagen, ob nach seinem Wissen der Grenzstein zu Recht auf seinem jetzigen Platz steht. Dieser Pflaumheimer Vierrichter soll ein überaus gewitzter Bauer gewesen sein. Bevor er zur Verhandlung im Land Orlis erschienen ist, hat er sich in seine Stiefel eine dicke Lage mit Pflaumheimer Mutterboden eingefüllt und aus der Küche einen kleinen Schöpflöffel geholt und unter seinen Hut gesteckt. Als er dann als Zeuge aufgerufen wurde, um unter Eid zum Grenzverlauf Stellung zu beziehen, soll er mutig vorgetreten sein. Er hat die rechte Hand zum Schwur gehoben, mit links hat er nach oben zum Hute mit dem verborgenen Schöpflöffel gedeutet und mit kraftvoller Stimme ausgesagt:

 „Ich schwöre bei meinem Schöpfer über mir, dass ich hier

PflaumheimerMutterboden unter meinen Füßen habe!“ 

 

Dieser sichere Auftritt des Feldgeschworenen konnte angeblich das hohe Gericht überzeugen und das Urteil wurde zu Gunsten der Pflaumheimer Gemeinde ausgesprochen!

 

 Aus dem Buch "Ploimer Mundart- und Dorfgeschichten" von Suitbert Kroth, Bearbeitet von Herbert Rachor
 

Die späte Frühmesse 1921

Ein Missgeschick

Erst im Jahre 1924 wurde Pflaumheim eine eigenständige Pfarrei. Vorher wurde unsere Gemeinde Jahrhunderte lang von Großostheim betreut und die Pflaumheimer mussten dort in die Kirche gehen.

An Sonn- und Feiertagen wurde aber meistens auch in Pflaumheim vom Großostheimer Frühmesser ein Gottesdienst abgehalten. Aus diesem Grund war extra zum Übernachten im Dachboden des Schulhauses ein Zimmerchen für den Kaplan eingerichtet, das er aber nicht regelmäßig benutzt hat. Dann musste der geistliche Herr frühmorgens hoch nach Pflaumheim marschieren.

 

Dazu folgende Anekdote:

Der Frühmesser is schwer am schnaufe er kimmt von Ousdem ruf gelaufe.

Zur Frühmess is es höchste Zeit, in Ploume es scho zomme laidt.

Er kürzt soin Weg durchs Gässje noi un kimmt am Haus der Gred vorbei.

 

Die Gred hot Strousäck uffgeschillt un wolt ihr Dippsche – gut gefüllt,

grod nunner iwwers Flössje kippe do bleibt se hänge mit ihr’m Dippe.

Der Fensterrohme bremst den Schwung, dabei kimmt es zur Bruchlandung.

 

Es fliegt der gonz Botschomber – Dreck jetzt nit mei üwwers Gässje weg.

Die Brie glatscht – so ein Missgeschick, dem Frühmesser grod ins Knick!

„Du liewer Gott“ – ruft do die Gred – „sie kumme heid jo ach sou spät!

 

Ich wolt des Ding ins Flessje schwenke – und bleib am Fensterrohme henke.

Mir falle all moi Doudsinn oi – wie konn mer nor sou dabbisch soi!?

Der Frühmesser im Schweingalopp – rennt ins Haus un wescht soin Kopp.

 

Die Gred hot schnell die Lag erkannt – is schnell in die Sakristei gerannt:

„Der Frühmesser kimmt erst um acht, weil er noch ein Versehgang macht!“

Die Kirchenleut warn sehr geduldig – dem Kranke is mers warte schuldig.

 

Zum Beichtstuhl hots die Gred gezooche – denn der Versehgang war gelooche!

Der Pfarrer gab ihr Absolution: „Notlügen“, sagt er „darf man schon!“

 

Aus dem Buch "Ploimer Mundart- und Dorfgeschichten" von Suitbert Kroth, Bearbeitet von Herbert Rachor
 

Die Ploimer und das Schwanenbier

Die schäumende Rache

 

Hat in Oustem ein Kerl ans Posieren gedacht,

hat er sich an Ploimer Mädchen ran gemacht.

Denn in Oustem war die Parole bekannt:

Für uns ist dort oben „Gelobtes Land“.

 

Für Ploimer Burschen war das gar nicht toll,

sie hatten bald die Nasen gestrichen voll!

Sie haben sich listig was ausgedacht,

worüber man heut - in Ploume oft noch lacht!

 

Unsere Ploimer Besch kommt so friedlich daher,

gibt Wasser fürs Vieh – und manches mehr.

Wie ein Silberstreif sie das Ortsbild beglückt,

bevor sie sich still – in Richtung Oustem verdrückt.

 

Wurd vom Schwanenbräu damals ein Bier gebraut,

hat er voll auf das Wasser des Welzbachs vertraut.

Das war so ein Wasser besonderer Art:

mit samtenem Schmelz – dazu billig und zart!

 

Deshalb standen mal morgens sechs Ploimer parat,

die schritten beim 6-Uhr-Läuten zur Tat.

Die dann mit viel Spaß – und schelmischer List,

in schwungvollem Bogen in den Welzbach gepisst!

 

Unsere friedliche Besch – hat nur kurz mal geschäumt

und im frühen Morgenlicht weiter geträumt.

Sie plätschert still und verschwiegen dahin:

Wem käm denn beim Plätschern was trübes in Sinn
 

 

  

 

 

 

Die Familie Hock in Großostheim als Inhaber des Gasthauses „Zum Schwanen“ betrieb in der Bachstraße wie damals üblich ein Gasthaus mit eigener Brauerei. Ab 1870 haben die Hock’s voll auf das Bierbrauen gesetzt und eine große Brauerei in der Bachstraße errichtet. Das weiche Wasser des offenen Welzbachs wurde gerne genutzt. Daher war die schäumende Rache eine einfache Sache.

 

Aus dem Buch "Ploimer Mundart- und Dorfgeschichten" von Suitbert Kroth, Bearbeitet von Herbert Rachor

 

 


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