Glocken vom Kirchturm

 

Geläut des Pflaumheimer Kirchturms musste Kriegsmaschinerie als Rohstoff dienen

 

Am 23. April 1942 wurde das zentnerschwere Geläut entfernt und vom Pflaumheimer Kirchturm herabgeholt, um der Kriegsmaschinerie als Rohstoff zu dienen.

 

Spannendes Ereignis in der Schulpause: der Abbau der Glocken 1942.

Schon im Ersten Weltkrieg war die damals größte, 880 Pfund schwere Glocke vom Pflaumheimer Kirchturm geholt worden. Damals schrieb der Ortschronist: »1917 musste eine Glocke abgeliefert werden und sämtliches kupfernes Geschirr und Kessel. Das ist ein schlimmes Zeichen, wenn man den Kirchen die Glocken nimmt, besonders mussten die katholischen Kirchen herhalten.« Als 1942 die vier Bronzeglocken aus dem Kirchturm geholt wurden, wertete die Bevölkerung dies auch als schlechtes Omen. Dies sei ein deutliches Zeichen dafür, dass der Krieg verloren gehe, war die Volksmeinung.

Die vier klangvollen Bronzeglocken waren erst zwölf Jahre vorher von der noch jungen Pfarrei angeschafft worden. Die im Jahr 1920 geweihte Kirche erhielt 1930 eigens für das neue Geläute einen größeren Turm mit der im Bachgau einmaligen Kuppel. Die Glocken wurden von der Glockengießerei Gebrüder Klaus in Heidingsfeld gegossen und waren auf das Salve-Regina-Motiv (d - fis - a - h) abgestimmt. Die große D-Glocke wog über 30 Zentner, zeigte ein Bild des St. Georg und die Inschrift: »Die Gemeinde Pflaumheim ihren Kriegern von 1914/18«. Sie wurde an den Vorabenden der Sterbetage der Gefallenen geläutet. Die Fis-Glocke war vom Darlehenskassenverein gestiftet und trug die Inschrift: »Heilige Luzia Schutzpatronin, bitte für unsere Pfarrei«. Die A-Glocke zeigte die Muttergottes mit der Inschrift »Maria, Königin des Friedens«. Stifter war der Verein »Einigkeit«, der seit Jahren für Glocken sammelte. Die H-Glocke trägt das Bildnis des heiligen Josef und die Inschrift: »Heiliger Josef, schirm Kirch und Dorf und Flur und Feld!«. Der Kriegerverein gab das für die Errichtung eines Gefallenendenkmals angesammelte Geld für diese Glocke.

Die Glocken wurden an Maria Himmelfahrt im Jahr 1930 geweiht.

Nicht abgeliefert werden musste 1942 das kleine, im Jahre 1440 gegossene Luziaglöckchen. In der fast glockenlosen Zeit konnte eine zweite Glocke von der Pfarrei Dettingen erworben werden. Das Luziaglöckchen und die Dettinger Glocke harmonierten jedoch nicht miteinander. Noch während des Zweiten Weltkrieges, im Jahre 1943, beschloss die Kirchenverwaltung unter Pfarrer Anton Bieber, den Jahresüberschuss von über 5000 Reichsmark einem »Grundstock zur besonderen Verwendung« zuzuführen. Auch in den Folgejahren wurden die Überschüsse diesem Grundstock zugeführt, der offensichtlich zur Beschaffung neuer Glocken gebildet wurde. Im März 1946 beschloss die Kirchenverwaltung beim Bochumer Verein vier Großstahlglocken in Auftrag zu geben und 4320 Reichsmark anzuzahlen. Pfarrer Bieber ließ nach dem Abzug der amerikanischen Truppen die Messingkartuschen, die die amerikanische Artillerie bei der Beschießung Aschaffenburgs zurückgelassen hatte, einsammeln und gab diese als wertvolles Material an den Bochumer Verein mit in Zahlung.

Die wirtschaftlich schlechte Lage nach Kriegsende verzögerte jedoch den Glockenguss. Der Auftrag von 1946 wurde aber nach der Währungsreform 1948 wieder aktuell. Im Dezember 1948 erneuerte die Kirchenverwaltung den Kaufvertrag und der Bochumer Verein lieferte die Glocken für 10 400 Mark unter Anrechnung der Anzahlung. Der damalige Würzburger Bischof Julius Döpfner weihte das Geläute am 5. Juli 1949. Die Glocken sind nach dem »Te-Deum-Motiv« abgestimmt. Die D-Glocke wiegt 2065 Kilogramm und trägt die Inschrift »Resurrecturis« (Den Auferstehenden). Die F-Glocke mit 1220 Kilogramm Gewicht ist mit »St. Lucia tuere nos« (Schütze uns) beschrieben. Die 880 Kilogramm wiegende G-Glocke ziert »Ave Maria« und die 1070 Kilogramm schwere B-Glocke hat die Inschrift »Ite ad Joseph« (Geht zu Joseph).

 

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Text Lothar Rollmann, Bilder Hans Rosenberger

bearbeitet von Herbert Rachor

 

 

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